Tag 1: Tilcara
Leider wartet niemand mit einen Schild mit meinem Namen an Flughafen. Da gab es wohl ein Missverständnis. Dieses ist schnell geklärt und mein Auto, ein Chevrolet Prisma, wird um 15:30 geliefert. Nachdem der Papierkram erledigt ist, kaufe ich etwas Verpflegung und fahre nach Tilcara.
Anfangs geht es auf einer breiten Autobahn dahin, später durch dichten Wald und hügelige Landschaft auf einer nur vier Meter schmalen Straße. Etwas weiter nördlich wird es karg. Den vielen Kakteen an den Hängen scheint das aber zu gefallen. In der Dämmerung erreiche ich Tilcara, einen kleinen aber sehr touristischen Ort. Nachdem ich mein Zeugs im Zimmer abgeladen haben gehe ich Essen. An den Gerichten kann man die Nähe zu Bolivien schon erkennen, da es zu vielen Gerichten Mais gibt. Anders als bei uns sind die Maiskörner hier riesig. In einem kleinen Restaurant bestelle ich die Spezialität der Region. Locro, ein Eintopf mit Fleisch, Mais und Kartoffeln. Dazu ein zur Lage des Ortes passendes Bier, ein Norte. Der Chef des Restaurants ist etwas klein, darum muss er auf einen Hocker klettern um am Fernseher den Sender zu wechseln. 😁
Tag 2: Uquía, Abra Pampa und Hornocal 14 Colores
Nach einem Frühstück mit Obst, eine absolute Ausnahme, geht es weiter nach Norden in den Ort Uquía, von wo aus man zu einem Canyon in der Quebrada de las Señoras wandern kann. Um 9:40 bin ich der erste am Parkplatz und gehe bei schönstem Wetter los. Hinter mir lauert schon der Feind, laute argentinische Touristen. Die Südamerikaner haben es nicht so mit dem stillen Genießen der Natur. Nach dem Canyon wandere ich noch bis zum Ende des Tales. Es geht nur leicht bergauf, dennoch komme ich ganz schön außer Atem. Immerhin liegt der Canyon auf über 3000 m und gestern war ich in Buenos Aires noch auf Meereshöhe. Keine Leute weit und breit. Ist ihnen wohl zu anstrengend. Gut für mich. 😁 Zurück wird der kleine Ort noch erkundet und an einem Stand entdecke ich Kokablätter. Ein kleines Säckchen wäre sicher nützlich, da ich in kurzer Zeit bis auf 5000 m hoch kommen werde. Das Kauen der Blätter hilft angeblich sehr gut gehen die Symptome der Höhenkrankheit. Gekauft.
Die unglaubliche Weite und Abgeschiedenheit der Landschaft lässt unweigerlich das Gefühl von Freiheit aufkommen und so fahre ich die Ruta Nacional 9 immer weiter nach Norden, bis ich schließlich den Ort Abra Pampa erreiche, der nur mehr 75 km von der Grenze zu Bolivien entfernt ist. In einem kleinen Restaurant esse ich die besten Empanadas bisher und eine große Portion Asado. Natürlich gibt es wieder Mais dazu. Beim Rausgehen laufe ich mit Schwung gegen den Türstock. Ach ja, die Leute sind hier nicht so groß. 😁 Den Großteil hat die Sonnenbrille abgefangen. Sie ist dementsprechend verbogen, lässt sich aber wieder richten. 👍
Die Farben des Hornocal 14 Colores sollen am späten Nachmittag am schönsten sein und so mache ich mich auf den Rückweg. Ein Nagetier läuft knapp vor dem Auto über die Straße. Das war knapp. Ab Humahuaca fahre ich mit Karacho eine Schotterstraße hinauf zum Mirador. Macht Spaß. Viele Leute bewundern den gegenüberliegenden Berg vom Parkplatz aus. Geht man aber den Weg hinunter hat man einen noch besseren Ausblick, muss allerdings wieder auf 4300 m hoch gehen. Also los. So recht mag ich die besagten 14 Farben nicht erkennen, vor allem da sich der männliche Farbraum hauptsächlich auf RGB einschränkt. Ok, das Gelb von Bier vermag ich noch zu erkennen, dann ist aber auch bei mir Schluss.
Der Ausblick bei der Rückfahrt ist unglaublich und aus meiner Jukebox ertönt “Carmina Burana – O Fortuna”. Dramatischer könnte es wohl kaum sein. Kurz vor der Dämmerung bin ich wieder in Tilcara. Bevor ich in den Ort gehe, nehme ich noch schnell den Hausberg mit, von den man einen guten Überblick über das Tal hat. Am zentralen Platz sind jede Menge Stände mit dem üblichen Touristenkram aufgebaut, es gibt aber auch was zum Essen. Der Hühnerspieß sieht gut aus. Ich beiße rein und habe den Mund voller Knochen. Egal, den Hunden schmecken sie. Nach einem schnellen Bier geht es ab aufs Zimmer.
Tag 3: Tilcara, Purmamarca, Salinas Grandes und San Antonio De Los Cobres
Für heute steht viel auf dem Programm, darum geht es schon um 7:00 zum Frühstück. Der Dichte Nebel passt so gar nicht zu meinem Plan. Darum fahre ich hinauf zum Garganta del Diabolo und komme über die Nebelgrenze. Der Ausblick über das Tal ist genial. Vom Kassenhäuschen geht der Weg zuerst oberhalb einer Schlucht entlang und später durch ein Flussbett zu einem Wasserfall. Dabei ist der Bach zig Male über teils wackelige Steine zu überqueren. Für die Leute aus der Stadt ist direkt neben dem Wasserfall ein Schild mit der Aufschrift “Cascada”. 😁
Der Besuch der rekonstruierten Inkastätte fällt leider flach, da montags geschlossen ist. Auch gut, dann sehe ich mir Tilcara bei Tage an. Auf der Hauptstraße zückt die Parkwächterin schon ihren Block. Aha, hier ist zu zahlen. Eine Straße weiter nicht. Hihi.
In Purmamarca gibt es den Cerro de los Siete Colores zu bestaunen. Laut seinem Namen hat er nur halb so viele Farben, wie der Berg von gestern, sehen kann ich den Unterschied allerdings nicht. Der Ort ist noch touristischer als Tilcara und so mache ich mich nach einer Stunde vom Acker.
Über die Altos del Morada auf 4170 m geht es hinunter zu den Salinas Grandes. Mit dem Auto folgen wir unserem Guide, der mit einem Moped vor uns auf dem reinweißen Salzfeld zu einem Platz fährt, wo jede Menge Vertiefungen in die Salzschicht gefräst sind, die zur Salzgewinnung dienen. Sie erzählt Interessantes über die Entstehung und die Salzgewinnung. Nach dem Vortrag ist Posen angesagt. Die meisten Besucher verbringen viel Zeit sich beim Fotografieren mit der Perspektive zu spielen. So auch die Familie, die mit mir unterwegs ist. Dabei entstehen lustige Fotos.
Weiter geht es auf der Ruta Nacional 40 nach San Antonio de los Cobres, einer schlichten Stadt für Minenarbeiter. Die Schotterstraße führt entlang der Salinas Grandes durchs Nichts. An einer Stelle mit schöner Aussicht auf den schneebedeckten Cerro Morado, mitten im Nirgendwo, mache ich Mittagspause. Nur ein Pferd starrt mich aus der Ferne an und ein paar Windhosen ziehen vorbei.
Auf dem weiteren Weg hält mich ein entgegenkommender Pickup an. In drei Kilometer Entfernung steht ein Pärchen mit Baby, dem der Benzin ausgegangen ist. Er fährt Diesel, aber eventuell kann ich ihnen Benzin geben. Mission accepted. Ich drücke aufs Gas. Gleichzeitig rattert es in meinem Hirn: “Wie den Benzin umfüllen?”. Eventuell hat der Pickup hinter mir einen Schlauch dabei. Falls nicht, kann ich sie ja einfach mitnehmen. Nach zehn Kilometer ist noch immer kein Auto in Sicht, vermutlich wurde ihnen schon geholfen. Sehr gut.
Die Straße geht ruppig weiter, teilweise über Sand und gegen Ende durch einen kleinen Bach. Bis ich zum 18:00 San Antonio de los Cobres erreiche habe ich keine zehn Autos gesehen. Nach 100 km Rumpelpiste sortiere ich meine Bandscheiben und suche mir eine Unterkunft. Es zieht ganz leicht im Kopf. Kein Wunder, immerhin liegt der Ort auf fast 3800 m. Mal die Kokablätter ausprobieren. Hilft echt gut dass Zeugs. Mein Sonnenbrand will auch noch versorgt werden. Ich bin sogar am Hals rot, wo die Sonne gar nicht hinscheint. Das Salz der Salinas Grandes wirkt wie Schnee und reflektiert das ganze Sonnenlicht.
Zwei Brasilianer erzählen mir, dass die für morgen geplante Strecke nach Cachi für Autos nicht passierbar ist. Sie hatten schon Mühe mit ihren Motorrädern. Die Straße bis zum Pass soll aber gut befahrbar sein. Immerhin. Im Restaurant muss ich nicht viel überlegen, da es nur ein Gericht gibt. Nach einer üppigen Suppe und einer riesigen Portion Fleisch mit Salsa del Diavolo bin ich pappsatt. Während ich noch mit der Salsa kämpfe kommt der Kellner mit einer von drei Nachspeisen zur Auswahl. Ich probiere wabbeliges Jelly. Naja, habe ich das auch mal gegessen.
Tag 4: Abra del Acay und Salta
Draußen ist bestes Wetter. Notiz an mich selbst: Sonnencreme ist angesagt!
Der erste, noch flache Abschnitt der Schotterstraße zum Abra del Acay ist sehr schlecht und stellenweise sehr ausgewaschen. Es erfordert aufmerksames Fahren, schnelle Reaktion und vor allem keine abrupten Lenkbewegungen. Ansonsten kommt man ins Schleudern, das Auto überschlägt sich und explodiert. Äääh, sorry falscher Film.
Neben der Straße sind Lamas und Guanacos zu sehen. Es sieht witzig aus, wenn sich 140 kg Wolle in Bewegung setzen. Der Fahrer des einzigen, mir entgegenkommenden Autos weiß leider nichts über die aktuellen Straßenbedingungen nach Cachi. Schade. Ich gewinne schnell an Höhe und bekomme etwas Kopfweh. Gut, das ich mein Zaubermittel zur Hand habe. Etwas Herumkauen und nach einer Weile passt wieder alles.
Den höchsten Punkt Abra del Acay auf 4895 m erreiche ich um 10:30. Hier herrscht absolute Stille. Ich höre nur den Puls in meinen Ohren und hin und wieder einen Vogel zwitschern. Wie mag wohl die Straße weitergehen? Wurde die unpassierbare Stelle schon ausgebessert? Ich bin neugierig und fahre weiter. Sie wird schlechter und schmaler und ein Stück weiter gibt es keine Umkehrmöglichkeit. Da muss ich jetzt durch. Bei der ersten Möglichkeit zu wenden siegt die Vernunft über die Neugier. Schade, wie gerne wäre ich diese Straße bis nach Cachi gefahren. Also alles wieder Retour und über die asphaltierte Ruta 51 nach Salta.
Nach einer Weile überkommt mich die Müdigkeit und ich parke unter einem schattigen Baum für ein Nickerchen. Durch die trockene Luft bekomme ich Nasenbluten. Mülleimer Fehlanzeige, also werden die Taschentücher am Boden vom Beifahrersitz zwischengelagert. Alles halb so wild und ich bin wieder munter. Die Straße führt lange ein Tal entlang und immer wieder sind Mulden zu passieren, wo Wasser über die Straße läuft.
Kurz vor Salta nehme ich einen Anhalter mit. Er erzählt mir, das er bei der Polizei in Buenos Aires arbeitet und hier auf Urlaub ist. Wir haben das gleiche Ziel und er navigiert mich durch das Wirrwarr aus Einbahnen ins Zentrum von Salta. Zwei Typen stehen ziemlich wackelig auf zwei Leitern und lehnen an einer Hausmauer. Ich denke, wenn einer runterfällt, fahre ich über ihn drüber. Wir Parken und der Anhalter bedankt und verabschiedet sich. Zum Glück hat er die blutigen Taschentücher nicht gesehen. 😁
Ich werfe das Internet an und suche eine Unterkunft in der Nähe. Dann schnappe ich mein Gepäck und gehe zum Hotel. An der Wand lehnen zwei Leitern. 😁
In der Stadt geht es zu, wie beim Pflasterspektakel in Linz. Auf einer Bühne ist eine Veranstaltung für und mit Kindern, in der vor Leuten wimmelnden Fußgängerzone geben zwei Jongleure ihr bestes und Unterhalten die Leute mit lustigen Sprüchen und ein Typ im Horrorclown-Kostüm lässt sich mit Kindern fotografieren. Der zentrale Platz sieht 1:1 wie der in Cuenca in Ecuador aus. Sogar die Gebäude rundherum sind gleich angeordnet. Warum auch nicht, die Chinesen haben ja auch Hallstadt nachgebaut. Salta hat definitiv mehr Flair als Buenos Aires und wird nicht umsonst La Linda, die Schöne, genannt.
Es ist ein lauer Abend und ich habe Lust auf ein Eis. Der Eisverkäufer hat sichtlich Probleme, dass das Eis auf der Tüte bleibt. Vielleicht sein erster Arbeitstag? Er sieht das ähnlich und gibt mir fünf Servietten dazu. Es hält. Auf meiner Runde komme ich bei einigen Kirchen vorbei. Eine davon in einer Farbkombination zum Davonlaufen. Zurück am Plaza 9 de Julio de Salta setze ich mich in einen netten Gastgarten und es dauert nicht lange bis Straßenmusikanten kommen. Der Mann mit der Panflöte pfeift mir direkt ins Ohr. Für den Beinahe-Gehörsturz möchten sie dann auch noch Geld.
Im Hotel sortiere ich jede Menge Fotos aus. Shit, auf den Fotos der Kompaktkamera ist ein großer Fleck immer an der gleichen Stelle zu sehen. Vermutlich Staub am Sensor oder einer der Linsen. Ich probiere es mir den Blasebalg, es hilft aber nicht. Entweder ich bearbeite ab jetzt alle Fotos, oder ich zerlege die Kamera und entferne den Staub. Ich sehe mir jede Menge Videos an, wie so eine Kamera gereinigt wird. Sieht machbar aus, jedoch fehlt mir das nötige Werkzeug. Es ist 3:00. Gute Nacht.