San Gil

Anreise nach San Gil

Jäh reißt mich der Wecker aus dem Bett. Gääähn, es ist ja noch mitten in der Nacht. Zumindest holt mich der Fahrer pünktlich um fünf Uhr ab und bringt mich zum Flughafen. Nach zehn Minuten Fahrt und nur einer weiteren Viertelstunde sitze ich bereits bei den Gates. Da hätte ich noch gemütlich eine Stunde länger schlafen können. Ich nutze die Zeit und recherchiere über die Fahrt von San Gil nach Bogota. Sieht so aus, als wäre es besser, die Sightseeing Tour von Tunja aus zu machen. Hmmm, das bedarf wohl einer Plananpassung. 

Die beiden Flüge nach Bogota und weiter nach Bucaramanga werden gekonnt verschlafen. 😴 Mit dem Taxi düse ich zum Terminal de Transportes, von wo es bereits um halb zwölf Uhr mit einem kleinen Bus nach San Gil geht. Die Straße führt hinunter in den Cañón del Chicamocha und auf der anderen Seite wieder hoch. Mist, ich sitze auf der falschen Seite. Nix mit Aussicht, aber es wäre genug Zeit zum Fotografieren, denn hinter den vielen LKWs geht es extrem zäh dahin. Grrrr. Kaum haben wir einige überholt, stoppen wir und ein Passagier steigt aus. Und alles wieder von vorne. 🤦‍♂️ 

Um drei Uhr halten wir auf der Hauptstraße in San Gil, ich schnappe mein Zeug und gehe in Richtung Zentrum. Mist, auf booking ist mein gewünschtes Zimmer im Hostal La Casona Don Juan nicht mehr frei. Egal, ich versuche es trotzdem und habe Glück. An der Rezeption erklärt mir Laura in einfachem Spanisch alles über den Ort, die Öffnungszeiten, Ziele und Aktivitäten in der Umgebung und führt mich durch das Hostal zu meinem Zimmer. Super. 

Da ich schon mega Kohldampf schiebe, gehe ich auch gleich raus und sitze nach nur einer halben Stunde auf einem Balkon im Restaurante Balcón Sangileño und schnappe ein Aguila und eine Plato Tipico, die locker für zwei Personen reicht. Während ich mich durch die Platte kämpfe, kann ich super das Treiben rund um den Parque Principal beobachten. Im Anschluss drehe ich die kleine Runde um den Park und gönne mir Obejas con dulce de leche y salsa de mora, also zwei Oblaten mit Karamell und einer Brombeersauce gefüllt. Mega süß und voll mjami. 

Nach einem kurzen Check von ein paar Souvenirläden frage ich Laura im Hostal Löcher in den Bauch über Busverbindungen und die Aktivitäten in San Gil. Jetzt weiß ich viel mehr und habe immer noch keinen genauen Plan für die nächsten drei Tage. Also erstmal aufs Zimmer etwas recherchieren und einen Plan schmieden. Ich überlege und überlege und komme zu dem Schluss, das teure und zeitaufwändige Sightseeing zwischen San Gil und Bogota nicht zu machen und lieber einen Tag länger hier in dieser gemütlichen Stadt zu verbringen. Bei Jugo de Maracuya und einer weichen Feige gefüllt mit Dulce de Leche lasse ich den Tag in einem netten Cafe am Parque Principal ausklingen. Im Anschluss verlängere ich mein Zimmer, checke einen Flug nach Bogota und buche eine Unterkunft gleich in der Nähe des Flughafens. Die restliche Zeit verplempere ich auf YouTube. 

Paragleiten über dem Cañón de Chicamocha

Der chillige Tag beginnt mit ein wenig Snoozen, bevor ich gemütlich zum Frühstück spaziere. Dieses besteht aus fabelhaften Huevos pericos colombiano, mit Tomaten und Gewürzen. Dazu gibt‘s Brot, Obst und einen fischen Fruchtsaft. Super Start in den Tag. So kann es gerne weitergehen. 

Da es noch zu kühl ist, verschiebt sich der Start der Paragleiter um eine Stunde. Super, da bleibt noch Zeit eine Runde zu drehen und ein Souvenir zu shoppen. Kurz vor zehn Uhr steht das Auto inklusive Dolmetscherin bereit und wir holen noch zwei weitere Protagonisten ab. Entlang der sich windenden Straße nach Bucaramanga schleichen wir den LWKs hinterher, bis wir in der Nähe vom Parque Nacional del Chicamocha zum Startplatz der Paragleiter abzweigen. 

Wie für solche Sportarten üblich ist zuerst ein Verzichtsformular auszufüllen und nach einer kurzen Einweisung heißt es warten, denn die Startreihenfolge wird nach dem Gewicht festgelegt. Da die Thermik im Verlauf des Tages zunimmt, starten zuerst die Leichtgewichte. Hmmm, wenn ich so in die Runde blicke, bin ich wohl einer der Letzten. 🤪 Also genug Zeit um bei den anderen zu beobachten wie das so funktioniert. Der Pilot bringt den Schirm in Position und dreht ihn in den Wind. Dann muss man nur noch aus Geheiß laufen, bis man abhebt. Auf keinen Fall anhalten, da der Pilot sonst über eine drüber läuft und beide auf die Schnauze fallen. 😁 

Tja und bei meinem Start ist dann alles ganz anders. Es weht starker Wind, der uns einfach in die Höhe zieht, obwohl wir noch nicht richtig ausgerichtet sind. Der Pilot werkelt mit dem Schirm und es hebt uns erneut aus. Beim dritten Mal sind wir dann in der richtigen Position und es geht los. Laufen ist bei dem, alles andere als eleganten Senkrechtstart, nicht notwendig. 😁 Kaum sitze ich bequem, kommen wir auch schon in eine gute Thermik und steigen auf. Der Blick über den Cañon de Chicamocha ist sehr beeindruckend. 

Nachdem wir eine Zeit lang ruhig dahin gegleitet sind, fragt mich der Pilot, ob alles in Ordnung ist. Jep, alles paletti. Etwas Adrenalin gefällig? Klar, her damit. Und schon beginnen wir zu schaukeln und Schwerelosigkeit macht sich bemerkbar. Zweimal sogar mit dem Gesicht zum Boden. Huiii. Dann drehen wir uns in einer Spirale schnell nach unten. Dabei drückt es mich zuerst fest in den Sitz, dann gibt er noch mehr Gas und ich merke, wie es mir die Gesichtsfalten gerade zieht. Überstanden. Cool. Noch nicht ganz, denn durch das Auf und Ab beim Landeanflug hebt es mir mehrmals den Magen aus. Jetzt heißt es, sich zu konzentrieren, um das Frühstück unten zu behalten. Auf den letzten Metern sind die Beine hoch zu heben, die beiden Helfer krallen sich das Geschirr und ziehen uns runter. Geschafft. Nach 25 Minuten habe ich wieder sicheren Boden unter den Füßen. Coole Sache, wenngleich sich ein leicht flaues Gefühl im Magen breit gemacht hat. Egal. 


Nachdem alle wieder sicher gelandet sind, fahren wir wieder zurück nach San Gil. Aus dem Radio dröhnt Klassik Rock aus den 90ern. Perfekt. Den restlichen Nachmittag verbringe ich in einem Cafe und auf meinem Stammbalkon im Restaurante Balcón Sangileño, bei Bier und Ziege. Das Vieh ist etwas trocken, schmeckt aber nicht schlecht. Heute schaffe ich sogar fast die riesige Portion. 👍 Obwohl vollgefressen bis Oberkante Unterlippe, gönne ich mir am Weg zurück zur Unterkunft noch ein Softeis mit Schokoüberzug. Ordnung muss sein. 😃 

Nach ein wenig Arbeiten am Laptop mache ich mich auf zur Rezeption, von wo ich gemeinsam mit drei Leuten aus Frankreich von einem Guide zum Tejo abgeholt werde. Bei Tejo handelt es sich um ein altes Spiel der indigenen Bevölkerung, das bis zur heutigen Variante weiterentwickelt wurde. Man wirft einen fetten Diskus aus Eisen auf ein Gestell, in dem ein Metallring in weichem Ton eingelassen ist. Um den Ring sind vier kleine, mit Schwarzpulver gefüllte Dreiecke aus Papier angeordnet, die es zu treffen gilt. Schafft man das nicht, bekommt der Spieler, dessen Diskus dem Ring am nächsten ist, einen Punkt. Gespielt wird bis zu einer gewissen Punktezahl, die man sich im Vorhinein ausmacht. Oft wird daraus auch ein Saufspiel gemacht. Da ich aber der einzige bin, der sich ein Bier bestellt, fällt diese Option wohl flach. Den anderen gelingt es tatsächlich ein paar Mal es knallen zu lassen. Ich hingegen treffe nur den Ring zwischen den Dreiecken. Grrr. Wieder im Hostal ziehe ich mir noch das neue Programm von Jürgen von der Lippe rein. Nice. 

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