Los Nevados National Park: Tag 2

Heute heißt es bereits um halb sieben Uhr raus aus den Federn und ab zum Frühstück. Ich verabschiede mich von den netten Leuten und mache mich auf den Weg hinauf zur Finca Buenos Aires. Hier werden erneut die Wasserreserven aufgefüllt. Einen Liter in die Flaschen, einen halben Liter in mich, denn auch heute ist wieder Kaiserwetter und es ist bereits warm. Um neun Uhr geht es weiter bis zu einer Abzweigung. Links geht es steil hinauf. Auf der Karte sieht es so aus, als wäre der rechte Weg flacher. Flacher klingt gut. Zuerst geht es ein Stück hinunter und dann zweimal über einen Bach. Ein Stück weiter verläuft sich der Weg. Mist. Sieht so aus, als hätte ich den Track für die Pferde erwischt. 

Zeit für eine Pause mit Jause und einen Lagecheck auf der Karte. Umkehren und den anderen Weg nehmen ist keine Option mehr. Zwei Pfade führen zum anderen Weg hoch. Den sogenannten Levanto Germaín kann ich ausmachen und starte gestärkt nach zehn Minuten los. Es geht steil und sehr direkt einen Hang hoch. Immer wieder verliert sich der Pfad, wodurch es in Summe eher weglos und mega anstrengend bergauf geht. Immerhin bin ich bereits auf einer Höhe von 3800 m. Mit ständigem Blick auf die Karte kämpfe ich mich Meter um Meter hoch. Mit den Wanderstöcken schiebe ich zusätzlich an. Endlich flacht das Gelände ab und nur ein Stück vor mir sehe ich ein paar Leute sitzen. Obwohl mich der Guide gesehen hat, brechen sie wortlos auf. Echt jetzt? Es ist eine der Gruppen, die in der gleichen Finca wie ich genächtigt hat. Die 350 Hm Aufstieg querfeldein haben mir ziemlich zugesetzt und ordentlich Saft gekostet. Nun geht es wieder ein Stück bergab. Schade um die hart erkämpften Höhenmeter. 

Da es schon fast Mittag ist und ich jetzt schon zu kämpfen habe, entscheide ich mich dazu, mich aufs Fotografieren zu konzentrieren und streiche die Option auf den Paramillo del Quindío auf 4760 m hoch zu gehen. War ohnehin nur optional gedacht. 😉 Zeit für eine weitere Pause. Zur Stärkung ziehe ich mir einen der Jumbo Flow Karamell-Riegel rein, die genial schmecken und ordentlich rein knallen. Also kann es weitergehen. Die Vegetation ändert sich. Mit den blühenden Espeletia-Arten sieht die Landschaft ziemlich ungewöhnlich aus. Hier noch ein Auszug aus Wikipedia, da ich ihn so witzig finde: Espeletia-Arten sind unverzweigt wachsende, stark wollig behaarte, ausdauernde Halbsträucher. Sie sind sogenannte Schopfrosettenbäumchen … Stark behaarte und wollige Pflanzen. Ich breche weg. 😃 

Ein Stück weiter treffe ich wieder auf die schweigende Gruppe, die gerade Mittagspause macht. Der Guide bereitet das Essen zu und sagt mir, dass hier bereits die Abzweigung zum Rundweg ist. Hmmm, das ist auf meinem Track ganz anders eingezeichnet. Gut, die Info zu haben. Ich gehe noch ein gutes Stück weiter und erreiche ein ausgetrocknetes Flussbett am Fuße des Berges. Etwas weiter oben kann ich eine Kante ausmachen, von der man vermutlich eine noch bessere Sicht hat. Also, Rucksack deponiert und rauf. Hui, das geht gleich viel einfacher. Auf knapp über 4200 m ist dann für mich Schluss. Nicht so für die drei Leute, die ich relativ weit oben, kurz vor dem Rücken, erspähen kann. Trotz der Höhe und dem leichten Wind ist es angenehm warm. Nice. 

Zurück beim Rucksack esse ich ein paar Empanadas und ein paar Hände voll, von dem geilen Nussmix. Ach ja, da war ja noch das ausgetrocknete Flussbett, das natürlich noch begutachtet werden muss. Hier wachsen kissenförmige Pflanzen, die voll fluffig aussehen. Sie sind aber steinhart und nicht zum gemütlichen Ausruhen. Schade. Kurz vor zwei Uhr gehe ich zurück und biege auf den Weg ab, den mir der Guide gesagt hat. Dieser ist nicht auf meiner Karte, trifft aber auf einen anderen, der eingezeichnet ist. Sehr gut.

Immer wieder geht es runter und wieder rauf, bis die Sicht auf den schneebedeckten Nevado del Tolima frei wird. Wow, was für ein Anblick. Während ich knipse, ist immer wieder ein pfeifendes Geräusch wahrzunehmen, das Vögel machen, wenn sie rasant durch die Luft schneiden. Zisch. Tja, die haben’s einfach.

Hin und wieder zweigen Wege ab, die eine kürzere Strecke zur Finca La Playa versprechen, auf der Karte aber nicht eingezeichnet sind, oder vor der Finca aufhören. Also entscheide ich mich für die sichere Variante, zuerst zur Finca Primavera zu wandern, denn von dort ist es nicht mehr weit. Wahnsinn, es ist erst der vierte Tag in Kolumbien und schon bin ich fast alleine auf weiter Flur am A. der Welt unterwegs. I like. Schließlich erreiche ich um kurz vor fünf Uhr die Finca Primavera, wo mich schon die drei Norweger begrüßen und Santiago und Hernan leicht angeduselt eine Partie Schach spielen. Ich sehe ihnen bis zum Ende zu und gehe nach einer halben Stunde auf leicht absteigendem Weg zur Finca La Playa. 

Die Truppe aus Alaska sitzt bereits bei Patricia in der Küche am Feuer. Da hocke ich mich natürlich gleich dazu, trinke einen “Té de cañela”, der aus Zuckerrohr gemacht wird und wir quatschen. Cool, das die Truppe aus Alaska Ole dabei haben. Er stammt ursprünglich aus Mexiko und übersetzt alles für uns. Zum Abendessen gibt es Suppe und Eintopf aus Gemüse und Fleisch mit Reis. Sie nennen es Gulasch. 😀 Es gibt sogar Nachschlag. Nice. Heute bin ich definitiv satt geworden. Brian schwärmt von seinem denkmalgeschützten Haus mit Veranda und Garten in Oregon und etwas später rückt Joe, ein Arzt, mit den Fotos vom Burning Man aus dem letzten Jahr raus. Die drei Freunde hatten dort echt eine tolle, aber auch schräge Zeit. Mann, da möchte ich gerne mal hin. Nur wer ist schon verrückt genug um das zu machen. OK, jedes Jahr 70000 Leute. 😁 

Um neun Uhr ist Licht aus und ich schmeiße mich ins bereitgestellte Zelt, das von einem riesigen Hund bewacht wird. Na da kann heute nichts passieren. Plötzlich höre ich ein Geräusch direkt neben dem Zelt. Mampf, mampf, mampf. Ein Pferd grast gemütlich vor sich hin. Na dann, Mahlzeit und gute Nacht. 

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