Um halb neun Uhr wache ich auf, da es im Zelt schon ziemlich warm ist. Das Wetter ist schön und die Sonne scheint. Jupidu. Ich räume mein Zeug ins Auto und düse los. Das Zelt lasse ich stehen, das wird mir schon niemand klauen. Mein erster Halt ist bei einem Felsen im Meer, der wegen seiner Hut-Form von den Einheimischen nur Chinaman’s Hat genannt wird. Bei Ebbe könnte man sogar zu Fuß hinüber gehen. Die Frage stellt sich aber nicht, da gerade Flut ist. Egal. Der große Platz, der von vielen Locals zum Campen und Picknicken genutzt wird, lädt zum Verweilen ein. Das passt gut, denn ich möchte ohnehin Neujahrsglückwünsche in die Heimat schicken. Immerhin ist es in wenigen Stunden so weit und zuhause beginnt ein neues Jahr. Elf Stunden Zeitverschiebung sind schon schräg.
Ein Stück weiter entlang der Straße, die ich gestern in der Dämmerung schon gefahren bin, komme ich zur Abzweigung ins Valley of the Temples. Hmmm, was es hier wohl zu sehen gibt? Tempel vermutlich. Zuerst fallen mir allerdings die auf liebevoll gepflegtem Rasen angelegten Gräber auf. Die Grabsteine sind flach im Boden eingebettet und stehen nicht senkrecht, wie bei uns auf den Friedhöfen. Das gefällt mir sehr gut. Interessanterweise stehen an fast jedem Grab frische Blumen und manchmal sogar frische Getränke in Flaschen oder Dosen. Vielleicht ein Neujahrsbrauch? Etwas weiter hinten im Tal steht der von Wasser umgebene und sehr schöne Byodo-In-Temple, eine Kopie eines Tempels in Japan. Kaum hat man die nette Brücke überquert, wird man von einem kleinen Holzbau mit einer riesigen Glocke und einem waagerecht aufgehängten Baumstamm empfangen. Lt. Beschreibung soll das Läuten der Glocke die Seele von innen reinigen. DONG. Innerlich gesäubert und natürlich ohne Schuhe geht es in den Tempel, in dessen Inneren eine große Buddha-Statue steht. Beim Erkunden des Geländes sehe ich viele Kois im Wasser, die sich alle um die Leute mit Futter versammelt haben. Klar, würde ich als Fisch wohl auch so machen. An einem Strauch sind unzählige Zettel mit Aufschriften gebunden, die ich aber nicht lesen kann. Vielleicht Wünsche?
Kurz nach Mittag geht es in den Ho’omaluhia Botanical Garden. Gleich am Eingang stehen viele Schilder, dass das Fotografieren auf und neben der Straße verboten ist. Instagram sei‘s gedankt. Auf dem Autodach sitzend mit den schroffen Bergen im Hintergrund ist ein beliebtes Fotomotiv, weshalb es hier regelmäßig Staus gab. Und so blockiert auch heute ein Pärchen die Straße, um zu knipsen. Ich spaziere zu einem See und sehe eine witzige Manguste vor mir her laufen. Sie hat Glück und findet etwas Fressbares, bevor sie sich ins dichte Gestrüpp verzieht. Mein Versuch, mich zu verziehen, scheitert, da das zweite Gate geschlossen ist. Und so geht es dort wieder raus, wo ich auch rein gefahren bin.
Um drei Uhr erreiche ich Lanikai und starte den Lanikai Pillbox Hike. Nach dem ersten steilen und rutschigen Stück bin ich flott bei den beiden alten Bunkern angelangt. Eine Wanderung würde ich das aber nicht nennen. Naja, bin eben in den USA. Ein paar junge Burschen turnen auf einem der Bunker herum und posen für das perfekte Bild. Ich hingegen gehe noch ein Stück weiter, weg vom Trubel und genieße die Aussicht auf das Meer und die Berge. Nach dem ebenso flotten Abstieg lasse ich das Auto links liegen und spaziere zum Lanikai Beach, wo ebenfalls einiges los ist. Einige Kinder klettern immer wieder auf eine Stehleiter und springen ins Wasser. Die haben so richtig Spaß dabei. 👍
Heute möchte ich noch einmal den Sonnenuntergang hinter den Bergen fotografieren, weshalb ich mich kurz vor der Dämmerung an einem Platz neben der Straße platziere. Auch heute sieht es toll aus. Wieder beim Camp angelangt, organisiere ich Pizza und Bier und setze mich an den Tisch beim Zelt. Da heute kein Wind weht, ist es echt angenehm im Freien zu essen. Schön langsam grooven sich die Leute auf Silvester ein und beginnen mit dem Feuerwerk. Manchmal sind es nur extrem laute Böller, meistens aber klassische Raketen und manchmal sind sogar sehr schöne Effekte dabei. Die Mädels aus Uganda melden sich. Sie zitieren den Spruch, den ich ihnen beigebracht habe. Cool freut mich voll. Beim Arbeiten an den Fotos schlafe ich wieder einmal ein, werde aber noch vor Mitternacht munter. Sehr gut, da kann ich mir das Feuerwerk noch eine Weile lang ansehen. Die Leute lassen alles raus, was sie haben, ringsum kracht und blitzt es noch lange in die Nacht hinein.