Tag 7: Damoy Point, Jougla Point und Port Lockroy
Als ich um halb sieben Uhr wach werde, geht es mir etwas schlechter als gestern. Gleich mal die Tabletten einwerfen und ab zum Frühstück. Hmmm soll ich das Mountaineering versuchen? Erst noch zum Arzt und die Temperatur messen. 37,3 °. Er meint, dass ich mit kann. Ich bin hin und her gerissen und spreche mit dem Bergführer. Dieser nimmt mir die Entscheidung ab, da er mich nicht mitnimmt. Zu früh nach dem Fieber für die anstrengendste Tour der ganzen Reise. Ich kann die Entscheidung verstehen, da er damit die ganze Gruppe gefährden würde. Zum Glück ist morgen noch ein Platz frei. Also wieder zurück ins Bett.
Ich werke noch ein wenig an den Fotos herum und pfeife bis zum Mittagessen. Im Anschluss gehe ich zum Vortrag über den UK Antarctic Heritage Trust, der von einer Frau gehalten, die hier in Port Lockroy über die Sommermonate arbeitet. Kaum ist sie fertig sollen wir auch schon bei den Zodiacs sein. Also schnell schnell das Outfit wechseln und ab auf die Boote. Heute zeigt sich die Antarktis von ihrer rauhen Seite. Beim Transport zum Jougla Point werden wir ziemlich nass. Kein Problem, denn wasserdichte Kleidung ist in den Zodiacs ohnehin Pflicht. An Land ist eine kleine Kolonie von Eselspinguinen und viele Walknochen liegen herum. Früher war hier ein Zentrum zur Verarbeitung von Walen. Eine Weddellrobbe ist davon wenig beeindruckt und rastet direkt neben einem Walgerippe.
Als wir gleich ums Eck zum südlichsten Postamt der Welt in Port Lockroy fahren, fällt mir ein, dass ich die Postkarten in der Kabine vergessen habe. Tja, das kommt davon, wenn man sich in Windeseile umziehen muss. Zum Glück ist ein Guide so nett und fährt mich das Stück zum Schiff. Da nur wir zwei am Boot sind, gibt er mehr Gas als sonst. Cool, so macht das so richtig Spaß.
Der Bereich um die Forschungsstation ist voller Pinguine. Sogar unter der Hütte wird genistet. Tja, Lage, Lage, Lage. Gute Plätze sind eben auch hier rar, genauso wie Steine für die Nester und so wird gerne vom Nachbarn geklaut. Von hinten natürlich, denn vorne wird aufgepasst. 😁
Im Postamt gibt es ein Museum, das zeigt, wie die Forscher früher hier gelebt haben. Durchaus interessant. Von der Walindustrie ist heute nicht mehr viel zu sehen. Nur ein paar Geräte, Ketten und ein paar riesige Walknochen zeugen von dieser Zeit. Selbstverständlich schicke auch ich einige Postkarten in die Heimat. Sie werden mit Expeditionsschiffen zurück nach Argentinien gebracht und finden dann über den normalen Postweg zu ihren Empfängern. Es wird sechs Wochen dauern, bis die Postkarten in Österreich ankommen. Hmmm, meine Postkarte aus Tansania hat eineinhalb Jahre gebraucht. 😁
Um fünf Uhr sind wir wieder zurück am Schiff und ich erkundige mich über die versäumte Bergtour. Es war eine amtliche Besteigung inklusive steilem Gelände und Gletscherspalten. Schade, sehr schade, aber immerhin ist ja morgen noch ein Platz für mich frei. Allerdings bin ich heute fürs Camping eingetragen und es ist vermutlich die letzte Chance. Mal den Expeditionsleiter fragen, ob das was wird. Alles ist etwas unsicher, da das Wetter schlechter wird. Bis zum Recap wissen sie mehr und ich soll im Anschluss noch einmal fragen. Er meint noch „Maybe you should buy the bullet!” und beides wie geplant direkt hintereinander machen. Tja, und genau so kommt es auch. Letzte Chance für beides.
Also geht es nach dem Abendessen um zehn Uhr mit den Zodiacs in die Nähe der Brown Station direkt an den Strand. Links und rechts von uns Gletscher und am Ufer eine Hand voll Pinguine, die uns aber ignorieren. Jeder ist mit einem Drybag, zwei Schaumstoffmatten und einem Schlafsack ausgestattet. Schaufeln sind jedoch Mangelware und so dauert es ein Weilchen, bis ich mir meine Grube buddeln kann. Der Schnee wird seitlich aufgeschüttet, um besser vor dem Wind zu schützen. Matten und Schlafsack kommen in den Drybag und später geht es mit einem Leinenschlafsack ins wohlige Warm.
Mit den über 60 schwarzen Drybags sieht das ganze allerdings nicht wie ein Camp, sondern vielmehr wie ein Massengrab aus. Der Charme von gemütlichem Biwakieren geht ob der vielen Leute verloren. Dennoch ist es etwas besonderes, denn immerhin schlafen wir in der Antarktis.
Gegen Mitternacht liege ich als einer der letzten im kuscheligen Biwaksack. Immer wieder hört man das Eis knacken, den Gletscher kalben oder Laute von Tieren. Eine Robbe direkt neben uns singt ein Weilchen und dann höre ich ein Geräusch draußen auf dem Wasser. Ich setze mich auf und sehe einen Buckelwal vorbeiziehen. Wow, was für ein schönes Betthupferl.
Es ist immer noch sehr hell und der zu enge Drybag sorgt auch nicht gerade für einen guten Schlaf. Und so liege ich noch bis zwei Uhr wach, schlafe nicht besonders gut und träume schlecht. Bereits um kurz vor vier Uhr werden wir geweckt. Nachdem alles gepackt und die Grube wieder zugeschüttet ist, düse ich mit dem ersten Zodiac zurück zur Hondius. Wie üblich desinfizieren wir unsere Gummistiefel und hängen im Anschluss die feuchte Ausrüstung ganz oben am Schiff in den Kamin. Sehr praktisch. Um halb fünf Uhr bin ich in der Kabine und finde noch guten Schlaf bis zum Frühstück.