Tag 1: Laguna Del Torre, Cerro Torre und Fitz Roy
Heute gibt es etwas später Frühstück. Aus dem Müsli und Joghurt mache ich mir einen energiereichen Mix, mit dem man Wände verputzen könnte. Der Rucksack ist gepackt und es ist Kaiserwetter. Wie war das nochmal mit Regen und Sturm?
Der Weg beginnt direkt beim Hostel und führt zuerst in offenen Gelände bergauf. Später wird er flacher und führt durch einen sehr schönen Wald. Immer wieder öffnen sich atemberaubende Ausblicke zum Cerro Torre. Es ist Wochenende und es ist die reinste Völkerwanderung. An einem klaren Gebirgsbach trinke ich mein Wasser aus und fülle die Flasche gleich wieder auf. Der Weg führt nun entlang des Rio Fitz Roy und zum Schluss über Schotter und Geröll hinauf zur Laguna Del Torre. Was für ein Anblick. Im Vordergrund die Lagune mit riesigen Eisbrocken und dahinter der Cerro Torre bei feinstem Wetter. Der kalte Wind pfeift mir um die Ohren und ich ziehe mir meine Hardshelljacke an. Als Jause gibt es zwei Tage altes, süßes Brot. Brot wie bei uns Zuhause kennt man hier nicht.
Nach einer halben Stunde Pause geht es weiter zum nächsten Aussichtspunkt oberhalb der Lagune, dem Mirador Maestri. Maestris Kompressor (mehr dazu), der noch immer oben in der Wand hängt, kann ich allerdings nicht sehen. Dafür ist nun der ganze Gletscher zu sehen. Der Weg hierher hat sich mehr als gelohnt. Ein Mann bittet mich ein Foto von ihm zu machen und erzählt mir, das gestern ein Italiener und ein Argentinier am Cerro Torre von Eis und Fels getroffen wurden. Der Argentinier konnte schwer verletzt gerettet werden, der Italiener wurde noch nicht gefunden und ist vermutlich tot. ☹️
Shannon, eine junge Frau aus den USA, sitzt ebenfalls hier und ich quatsche ein wenig mit ihr. Sie war schon viel in Südamerika unterwegs und erzählt mir von einem Ort in Chile, wo es viele und sehr schöne Wanderungen gibt und der bei Touristen wenig bekannt ist. Klingt toll. Wenn ich noch andere Tipps brauche, kann ich sie jederzeit per WhatsApp kontaktieren. Voll nett.
Ich mache mich auf den Rückweg und erreiche nach ca. einer Stunde die Abzweigung auf den Weg Madre E Hija, der zum Wanderweg zur Laguna De Los Tres führt. Zack, keine Leute mehr, zumindest fast. Plötzlich höre ich ein Geräusch. Es ist ein Magellanspecht, der ganz in meiner Nähe einen Baumstamm hinauf hüpft und sich durch mich nicht stören lässt. Was für ein Glück. Der Weg führt aus dem niedrigen Wald heraus, vorbei an Laguna Madre und Laguna Hija und wieder in einen schönen Wald hinein. Hier ist auch schon die Campsite Poincenot und ich baue etwas unterhalb von allen anderen mein Zelt auf.
Nach einer Stunde gehe ich hoch zur Laguna De Los Tres und erreiche sie um 19:40. Die Sonne verschwindet gerade hinter den Bergspitzen und die Sicht auf den Fitz Roy ist komplett frei. Ich stehe nur so da und sehe ihn an. Beeindruckend. Ein wenig später gehe ich zum Abfluss der Lagune, von wo aus man zur Laguna Suiza sieht. Hui, da geht es ganz schön runter. Am Gipfel ziehen Wolken auf und man kann dadurch den heftigen Wind gut erkennen. Da oben ist es gerade sicher nicht gemütlich. Es ist komplett ruhig und ich höre nur das Rauschen der Gletscherbäche.
Um 21:00 gehe ich als letzter hinunter zur Campsite. Ich habe Nachbarn bekommen. So viel Platz und die stellen ihr Zelt direkt neben meinem auf? Anscheinend haben sie auch noch Zoff. Grrr. Ich setze mich auf einen Baumstamm neben dem Zelt und horche mir das Theater bei Bier und Jause an. Um 23:00 ist Ruhe und auch ich schlafe nach einiger Zeit ein.
Tag 2: Fitz Roy und Wasserfall Chorrillo del Salto
Es ist 4:15 und der Wecker läutet. Aber Moment Mal, es ist nicht meiner. Es sind die geliebten Nachbarn. Und schon geht das laute Gequatsche wieder los und an ein Weiterschlafen ist nicht mehr zu denken. Ich stehe auf, richte mein Zeugs und gehe hinauf zur Laguna. Vielleicht habe ich Glück und sehe den Fitz Roy im Alpenglühen.
4:40, genau meine Zeit. Die ersten Meter stolpere ich mehr als ich gehe. Immer wieder überhole ich andere und Gruppen, die laut Musik spielen. Manche schreien auch lauthals herum. Grrr. Wohl das Schild “Klappe halten, Natur genießen” am Eingang zum Nationalpark nicht gelesen?
Nach etwas mehr als einer Stunde komme ich oben an und platzierte mich weit entfernt von den Partygästen. Der Horizont ist schon orange gefärbt und um 6:25 beginnt der Fitz Roy orange zu leuchten. Was für Anblick. Nach nur zehn Minuten ist der Zauber auch schon wieder vorbei. Nach einer Weile gehe ich wieder zurück zur Campsite und baue in aller Ruhe mein Zelt ab.
Auf dem Weg hinunter Folge ich den Tipp von Shannon und nehme nicht den Weg über die Lagune Capri, sondern über den Mirador, von wo aus man noch einmal einen tollen Blick zurück zum Fitz Roy hat. Ich lege mich in die Sonne und mache eine Pause. Der weitere Weg führt immer leicht bergab durch den Wald. Als ich auf dem Wald heraus komme, weht mich der Wind fast aus den Schuhen. Etwas windig hier. Gegen Mittag bin ich beim Trailhead.
Von hier ist es nicht mehr weit zum Wasserfall Chorrillo del Salto. Los geht’s. Die erste Hälfte auf einer staubigen und viel baggageman Straße, dann Mal links und rechts auf einen Weg nahe der Straße, bis er vom Parkplatz zum Wasserfal führt. Außer mir tummeln sich hier mehrere Busladungen von Touristen. Beim Kampf um das beste Bild haben einige damit zu tun, nicht und Wasser zu fallen. Mit meinen Wanderstöcken balanciere ich easy über die Steine, mache ein paar Fotos und erkunde noch etwas die Umgebung. Am Rückweg entdecke ich den Weg direkt zum Trailhead, ohne auf der Straße gehen zu müssen. Wäre dort auch angeschrieben gewesen. Tja.
Eine ausgedehnte Dusche im Hostel ist wunderbar, hilft aber nicht bei Hunger. Im Ort gibt es ein kleines Lokal mit Empanadas und vielerlei anderen Köstlichkeiten. Ich probiere eine Empanada mit Guanaco. Ja, die sehen lieb aus, schmecken aber auch sehr gut. Eigentlich wie Rindfleisch.
Es stürmt und der Staub fliegt mir trotz Sonnenbrille in die Augen. Auch sonst fliegt noch viel anderes Zeugs herum. Im Hostel quatsche ich mit einer netten Französin, die ein halbes Jahr voll auf Basic unterwegs ist. Autostoppen, Couchsurfing und so. Bei Regen gehe ich Abendessen. Es gibt köstliches Steak und natürlich Craftbier aus dem Ort.